E-Mobil in Rostock.

Auf dem Weg.

Die einen meinen, es gebe sie an jeder Ecke, für andere sind es noch zu wenige: Stromtankstellen in unserer Hansestadt zum Laden von E-Autos. Doch wie hat sich die E-Mobilität hier in den vergangenen Jahren verändert und wie wird sie zukünftig aussehen?

Wussten Sie, dass der schottische Erfinder Robert Anderson schon 1832 das erste E-Auto auf die Straße schickte, bevor es überhaupt Automobile mit Verbrennungsmotoren gab? Zwar konnte sich seine Erfindung damals nicht gegen die PS-starken Motoren durchsetzen, doch heute finden sich mit dem Aufkommen alternativer Antriebe gewisse Parallelen zum damaligen Umbruch: So wie für Verbrennungsmotoren erst einmal eine neue Infrastruktur mit Tankstellen und Straßen geschaffen werden musste, befinden wir uns mit der E-Mobilität in einem solchen Wandel. Eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Nutzung der grünen Fortbewegung ist die passende Ladeinfrastruktur. In Rostock tragen die Stadtwerke Rostock dazu maßgeblich bei.

Unser erstes E-Auto vor der ersten Stadtwerke-Ladesäule: der i-MiEV im Jahr 2011.
Unser erstes E-Auto vor der ersten Stadtwerke-Ladesäule: der i-MiEV im Jahr 2011.

Dezember 2011: Auf unserem Gelände in Marienehe entsteht die erste Ladesäule. Sie ist nicht-öffentlich und wird vom einzigen E-Auto, einem i-MiEV des Herstellers Mitsubishi – Reichweite maximal 150 Kilometer – genutzt. Vom „großen Trend E-Mobilität“ war schon damals die Rede. Auch die Hansestadt Rostock erkannte dies und rief den Aktionsplan Elektromobilität ins Leben, mit dessen Hilfe wir auch die erste öffentliche Ladesäule im August 2021 am Haus des Bauens (Holbeinplatz) zur Verfügung stellen konnten.

Fast 11 Jahre später: „Heute betreiben wir 23 öffentliche Ladestationen mit insgesamt 48 Ladepunkten in Rostock und dem Küstenumland (Bad Doberan, Graal-Müritz, Kröpelin). Das sind über die Hälfte aller Normalladepunkte“, erklärt Mirko Seidel, Leiter der Abteilung Verkehrstechnik bei den Rostocker Stadtwerken. Ziel sei es, eine Grundversorgung mit Ladeinfrastruktur in Rostock zu schaffen und so die Mobilitätswende in Rostock und der Region zu unterstützen.

Dafür haben wir im Jahr 2016 eine Studie in Auftrag gegeben, die möglichst attraktive Standorte, sogenannte Point of Interests, für die Stromtankstellen finden sollte: kurzweilige Lademöglichkeiten mit günstigem Verkehrsaufkommen, entsprechender Bevölkerungsdichte oder der Möglichkeit zur Freizeitnutzung. Gleichzeitig haben wir unsere Serviceleistungen bezüglich E-Mobilität ausgebaut und übernehmen heute für 110 öffentliche und nicht-öffentliche Ladepunkte von Kunden wie Nordwasser, der Wohnungsgenossenschaft Warnow oder der Rostocker Stadtentsorgung z.B. die Instandhaltung der Ladesäulen und teilweise die Abrechnung der Ladevorgänge.

Grün unterwegs: die neuen Stadtwerke E-Autos. Foto: André Exner
Grün unterwegs: die neuen Stadtwerke E-Autos. Foto: André Exner

Zuhause ist es eben doch am schönsten

Neben dem Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur treibt auch die Nachfrage nach der privaten Lademöglichkeit vor der eigenen Haustür die E-Mobilität Rostocks voran. Ein Grund dafür: Im Herbst 2020 startete das Bundesverkehrsministerium das Förderprogramm Zuschuss für den Kauf und Anschluss von Ladestationen, um Mieter, Eigenheimbesitzer und Vermieter finanziell beim Einbau privater Ladestationen zu unterstützen. „Durch den möglichen Zuschuss erhöhten sich bei uns die Nachfragen nach eigenen Lademöglichkeiten von zwei bis drei Anfragen monatlich auf bis zu drei pro Woche“, erklärt Stefan Waldhaus, Vertriebsleiter der Rostocker Stadtwerke. Insgesamt standen 800 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung, die nach knapp einem Jahr aufgrund der enorm hohen Nachfrage im Oktober 2021 allerdings schon wieder ausgeschöpft waren. Übrigens: Fast Dreiviertel unserer E-Mobil-Kundinnen und Kunden gaben bei unserer Beratung an, bereits ein Elektroauto zu besitzen oder zeitnah eines zu erwerben.

Das ist die Zukunft: Schnell- und Mieterladen & Sektorenkopplung

Von einer Technik in den Kinderschuhen hat sich E-Mobilität bis heute stets weiterentwickelt. Neben den genormten Steckern, die für eine einfachere Handhabung sorgen, entwickeln sich auch neue Nutzerverhalten. „Durch die mittlerweile hohen Reichweiten von 300 bis 400 Kilometer und die kurzen Ladezeiten von bis unter 30 Minuten an Schnell-Ladestationen müssen die Fahrzeuge nicht mehr täglich eine Ladestation anfahren. Es reicht in den meisten Fällen eine Aufladung pro Woche, um die Fahraufgaben zu erfüllen“, erklärt Mirko Seidel. Hier würden vor allem überregionale Akteure in den Ausbau der Schnell-Ladeinfrastruktur investieren.

Aber auch die Stadtwerke Rostock Netzgesellschaft hat zusammen mit dem Porsche-Zentrum Rostock bereits 2020 eine Schnell-Ladestation in Betrieb genommen. Die für die Ladesäule mit 320 kW Ladeleistung notwendige Netzinfrastruktur, wie eine Trafostation, wurde durch die Stadtwerke Rostock Netzgesellschaft errichtet.

In diesem Jahr werden die Stadtwerke Rostock noch weitere Schnell-Ladestationen mit jeweils 180 kW Ladeleistung errichten. Mit der wachsenden Ladeinfrastruktur steigt auch die Stromnetzbelastung: Für das Jahr 2030 wird Elektromobilität circa 30 Gigawattstunden Strom je Jahr benötigen. „Wir sind langfristig auf den prognostizierten Zubau von Ladeinfrastruktur vorbereitet und gestalten dementsprechend unsere Stromverteilungsnetze durch Ausbau, Verstärkung und Digitalisierung“, erklärt Ulrich Krapf, Leiter Netzbau und Netztechnik der Stadtwerke Rostock Netzgesellschaft.

Auch der Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur wird sich in den kommenden Jahren entwickeln. Stefan Waldhaus beschreibt die Zukunft der E-Mobilität so: „Wer kann, wird daheim laden. Wer dies nicht kann, fährt zur Schnell-Ladesäule wie zum Tanken von Diesel oder Benzin. Zuhause laden soll in Rostock unser Heimspiel sein. Idealerweise schaffen wir es, Strom für die E-Mobilität aus einer Photovoltaikanlage zu gewinnen und in entsprechenden Batterien zu speichern. Das ist das Ziel, dahin haben wir uns auf den Weg gemacht.“

Die ersten 5 Parkplätze bei der BG Neptun sind vorbereitet. V. l.: Stefan Waldhaus, Ina Liebing, Vorstand BG Neptun, und Martin Schlutt, YourCar Foto: Mirco Dalchow
Die ersten 5 Parkplätze bei der BG Neptun sind vorbereitet. V. l.: Stefan Waldhaus, Ina Liebing, Vorstand BG Neptun, und Martin Schlutt, YourCar Foto: Mirco Dalchow

Ein weiterer wichtiger Meilenstein für die Akzeptanz der Elektromobilität: das Mieterladen. Menschen, die nicht in Eigenheimen wohnen oder keine Garage besitzen, können sich nicht einfach eine private Lademöglichkeit schaffen. Dafür kooperieren wir mit verschiedenen Wohnungsgesellschaften. Denn auch dort werden Wandladestationen (Wallboxen) auf Parkplätzen und in Tiefgaragen von Mietern immer stärker nachgefragt. Dafür haben wir ein neues Produkt entwickelt, mit dem wir den Vermietern entweder eine private Ladestation zur Miete für die Mieter anbieten oder gleich den Strom dazu liefern.

Die ersten Rahmenverträge sind geschlossen wie bspw. mit der Wohnungsgenossenschaft Schiffahrt-Hafen. Zusammen mit der Baugenossenschaft Neptun ermöglichen wir in der Neptunallee einen besonderen Service: Die BG Neptun-Mieter haben direkt vor der Wohnungstür die Möglichkeit, ein E-Auto von unserem Partner YourCar zu mieten. Gleichzeitig entstehen am selben Standort Wallboxen, die für Privatfahrzeuge der MieterInnen gemietet werden können.

Voraussichtlich ab Mitte 2023 treten weitere Änderungen in Sachen Stromtanken in Kraft, die die neue Technik für die Endverbraucher weiter vereinfachen sollen: Neu errichtete Ladestationen müssen ab Juli 2023 mit (Kredit-)Kartenlesegeräten und PIN-Pad zur Eingabe der Geheimnummer ausgerüstet sein. Zulässig ist auch ein zentrales Terminal für mehrere Säulen, etwa in einem Ladesäulenpark. Bestehende Säulen müssen zwar nicht nachgerüstet werden, dennoch stelle der Wechsel auf die neuen Geräte uns und die Säulenhersteller vor große Herausforderungen, meint Mirko Seidel und beruhigt: „Wir stehen in engem Kontakt mit unseren Lieferanten und arbeiten an Lösungen.“

© Thomas Bergmann, thomas.bergmann@swrag.de

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